Kann mit Hausmitteln der Blutzucker gesenkt werden?

Kann mit Hausmitteln der Blutzucker gesenkt werden?

Um es gleich vorwegzunehmen: Hausmittel können eine ärztliche Diabetes-Behandlung nie ersetzten, sondern im besten Fall ergänzen. Sie können aber auch vorbeugend wirken, also Diabetes zumindest hinauszögern.

 

In meinem Kurs ICT Plus zeige ich auf, dass man alle «Störfaktoren», welche den Blutzucker positiv, verzögernd oder negativ beeinflussen können, in vier Kategorien einteilen kann:

  1. Nahrungsmittel (steigernde oder verzögernde Wirkung)
  2. Hormone (sinkende oder steigende Wirkung)
  3. Medikamente und Giftstoffe (sinkende oder steigende Wirkung)
  4. Sport bzw. körperliche Aktivitäten (sinkende oder steigende Wirkung)

Wenn wir von Hausmitteln sprechen, dann müssen wir die erste und vierte Kategorie genauer anschauen.

Ich möchte für unsere Betrachtung die Hausmittel in drei Gruppen aufteilen:

  1. Die Hausmittel, welche vorbeugend wirken.
  2. Die Hausmittel, die einen Blutzuckeranstieg kurzfristig verlangsamen können.
  3. Die Hausmittel, die einen hohen Blutzucker senken können.

Hausmittel, die vorbeugend wirken und damit das Auftreten der Diabetes verhindern oder verzögern.

Insbesondere Hülsenfrüchten wird nachgesagt, dass sie sich positiv auf den Blutzuckerspiegel auswirken. Aus wissenschaftlichen Untersuchungen kennt man den sogenannten «Second-Meal-Effekt», der ursprünglich als «Linsen-Effekt» bezeichnet wurde. Das bedeutet, dass Hülsenfrüchte nicht nur den unmittelbaren Blutzucker-Anstieg abmildern, sondern auch den Anstieg durch die nächste konsumierte Mahlzeit. Dadurch wirken Hülsenfrüchte präventiv gegenüber Insulinresistenz und Diabetes Typ 2.

Die Hausmittel, die einen Blutzuckeranstieg kurzfristig verlangsamen können.

Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es vier Nahrungsmitteltypen, welche den Blutzucker langsamer ansteigen lassen und damit eine verzögernde Wirkung haben:

Ballaststoffe: Ballaststoffreiche Nahrungsmittel verzögern die Umwandlung von Kohlenhydraten in Traubenzucker (Glukose) während der Verdauung. Dadurch steigt der Blutzucker langsamer und vereinfacht somit das Halten der Blutzuckerwerte im sog. Normbereich.

Fette: Durch Fett verzögert sich die Magenentleerung und die Kohlenhydrate werden verspätet ins Blut aufgenommen. Kohlenhydrate, die zusammen mit einer fettreichen Mahlzeit verzehrt werden, lassen den Blutzucker also langsamer ansteigen als die gleiche Menge Kohlenhydrate, die ohne Fett aufgenommen wird. Ein bekanntes Beispiel dafür ist das fettreiche Sahneeis, dass den Blutzucker langsamer ansteigen lässt ein Wassereis mit dem selben Zuckergehalt. Aber Vorsicht: Aus Fetten wird Glukose produziert, wenn nicht genug Insulin zur Verfügung steht, um Glukose ins Blut aufzunehmen. Deshalb muss Fett wie auch Protein (sog. FPE) bei der Berechnung der zu spritzenden Insulineinheiten miteinbezogen werden. Das heisst, wenn du zum Beispiel fetthaltiges Fleisch wie Speck zusammen mit kohlenhydratreichen Speisen wie zum Beispiel Kartoffeln ist, dann steigt zuerst der Blutzucker weniger schnell an, als wenn du nur die Kartoffeln essen würdest. Einige Stunden später steigt aber der Blutzucker nochmals an, weil das Fett des Speckes Glukose produziert wird. Deshalb ist zumindest tierisches Fett sicher kein geeignetes Hausmittel, um den Blutzuckeranstieg zu verzögern! «Gute Fette», welche sich zum Beispiel in Olivenöl oder in Fischen befinden, werden von Ernährungsberater hingegen empfohlen, da sie grundsätzlich einen positiven Effekt auf die Gesundheit haben.

Kohlenhydrate mit niedrigem Glykämischen Index: Der Glykämische Index (GI) gibt die blutzuckererhöhende Wirkung von kohlenhydrathaltigen Lebensmitteln in Prozent im Vergleich zur gleichen Menge reiner Glucose an. Dabei wird untersucht, wie lang und hoch der Blutzuckerspiegel nach dem Verzehr eines Lebensmittels ansteigt. Der Wert wird in Prozent angegeben und basiert immer auf dem Verzehr von 50 Gramm Kohlenhydraten eines Lebensmittels. Als Vergleichswert dient der Blutzuckeranstieg nach Aufnahme von 50 Gramm Glukose, welche einen Glykämischer Index von 100 Prozent haben. Da die Angabe des genauen GI-Werts in der Praxis zu detailliert ist, werden Lebensmittel in den Nahrungstabellen oft in drei Kategorien eingeteilt:

  • Hoch: Der Glykämische Index liegt über 70 Prozent.
  • Mittel: Der Glykämische Index liegt zwischen 55 und 70 Prozent.
  • Tief: Der Glykämische Index liegt unter 55 Prozent.

Ernährungsberater empfehlen grundsätzlich, Nahrungsmittel mit niedrigem oder mittlerem Glykämischen Wert, da damit der Blutzucker weniger schnell ansteigt. Die Praxis zeigt aber auch, dass die Unterschiede zum einen von den Nahrungsmitteln aber auch von der einzelnen Person abhängt. So kann ich zum Beispiel 100 gr. dunkles Vollkornbrot essen und ich stelle keinen messbaren Unterschied bei der Anstiegsdauer des Blutzuckers gegenüber 100 gr. Weissbrot fest.

Alkohol: Alkohol und seine Wirkung auf den Blutzucker ist ein wichtiges, aber auch kompliziertes Thema, welches ich in meinem Ratgeber und Arbeitsbuch «Das Blutzucker-Regelsystem ICT» genauer beschreibe. Alkohol verzögert zum Teil massiv den Blutzuckeranstieg. Alkohol ist aber sicher kein geeignetes Hausmittel. Dies gilt nicht nur wegen seiner negativen Wirkung auf die Gesundheit, sondern auch weil Alkohol zu einer gefährlichen Unterzuckerung führen kann.

Die Hausmittel, die einen hohen Blutzucker senken können.

Auch hier werde ich wieder drei Gruppen bilden:

  1. Sportliche Aktivitäten
  2. Muskeltraining
  3. Nahrungsmittel

Sportliche Aktivitäten: Kurzfristig kann durch Sport der Blutzucker sogar stark gesenkt werden. Es handelt sich um das einzige Hausmittel überhaupt, das Insulin ersetzen kann. Die Diabetiker:in, welche zum Beispiel einen Teller Spaghetti isst und nachher gleich mit ihrem Rennvelo eine zweistündige Tour macht, braucht wahrscheinlich kein Insulin zu spritzen. Regelmässige Bewegung ist zudem der Schlüssel für eine gute Insulinwirkung. Denn sportliche Belastung macht die Zellen sensibler für Insulin, die Glukoseaufnahme steigt und der Blutzuckerspiegel sinkt. Zudem hilft Sport, überflüssige Kilos abzubauen und beeinflusst Blutfette und Blutdruck positiv.
Wer aber meinen Kurs ICT Plus kennt, weiss, dass in der Praxis die Wirkung sportlicher Aktivitäten auf den Glukosewert viel komplexer ist. So kann Sport den Blutzucker erhöhen statt senken oder den Blutzuckeranstieg lediglich verzögern. Sportaktivitäten müssen deshalb verschiedene Voraussetzungen erfüllen. So senken hauptsächlich Ausdauersportarten den Blutzucker, aber selbst diese, nicht immer.
Deshalb: Sport ist unter gewissen Umständen das mit Abstand effektivste Hausmittel kurz- und langfristig den Blutzucker zu senken!

Muskeltraining: Muskeln verbrauchen grosse Mengen an Zucker in Form von Glykogen. Dieses wird als Muskelglykogen eingespeichert und bei körperlicher Betätigung verbraucht. Aus Sicht des Diabetikers sind deshalb insbesondere die grossen Muskelgruppen wie Beine, Arme und Bauch von Bedeutung. Es muss aber nicht immer ein gezieltes Krafttraining sein. Vor allem bei älteren Patienten können schon Spaziergänge dafür sorgen, dass der Blutzucker dauerhaft gesenkt wird. Sie können auch regelmässig Kniebeugen machen oder die Treppe statt des Aufzugs benutzen, um ihre Zuckerreserven aufzubrauchen. Kurzfristig kann aber ein Muskeltraining zu einem Blutzuckeranstieg führen. Deshalb sind bei sportlichen Aktivitäten die permanente Kontrolle und die Abstimmung mit dem Diabetes-Team besonders wichtig.

Gewisse Nahrungsmittel: Die Liste der Nahrungsmittel, welche den Blutzucker senken können, ist lang. Sie reicht von Essig über Zimt bis zu Linsen. Ob diese Nahrungsmittel aus wissenschaftlicher Sicht und in der Praxis den Blutzuckerspiegel tatsächlich senken, beschreibe ich in einem separaten Artikel.

Was bedeuten solche Hausmittel nun für die Diabetes-Therapie?

Die abschliessende und entscheidende Frage ist, was Hausmittel aus therapeutischer Sicht bringen?

Die Antwort ist nicht einfach, denn es kommt wie immer darauf an, und zwar

  • auf die Wirkung (vorbeugend, blutzuckeranstieg verlangsamend, blutzuckersenkend) und
  • auf den Diabetes-Typ und das Stadium beim Typ 2

So sind für Nicht-Diabetiker mit gewissem Risikopotenzial (z.B. Schwangere Frauen oder Übergewichtige) insbesondere die vorbeugenden Hausmittel von Interesse.
Für Diabetiker Typ 2 im Anfangsstadium, welche ihren Blutzucker (noch) ohne Insulinspritzen kontrollieren können, sind solche Hausmittel, die den Blutzucker senken, besonders interessant. Denn dort kann die natürliche Senkung des Blutzuckers um 18 mg/dl bzw. 1 mmol/l schon darüber entscheiden, ob auf Insulin (noch) verzichtet werden kann oder eben nicht.
Die Hausmittel, welche den Blutzuckeranstieg verlangsamen oder den Blutzucker senken, können die Therapie unterstützen.
Hausmittel, welche über das Senken des Blutzuckers hinaus noch weitere, positive Effekte auf die Gesundheit haben, sind natürlich immer zu empfehlen. Allen voran die sportlichen Aktivitäten.

Mit und ohne Hausmittel, wie senke ich den Blutzucker am effizientesten?

Dein Ziel muss es sein, zum einen deinen Blutzucker im sog. Normbereich zu halten und zum anderen deinen HbA1c-Wert unter 6 mmol zu bringen. Tust du das nicht, drohen dir Folgen wie diabetischen Augen-, Nieren- und Nervensystem- sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Bereits über 30% der Diabetiker im deutschsprachigen Raum sind davon betroffen! Nur mit Hausmitteln wirst du dieses Ziel nie erreichen. Hausmittel kannst du aber gezielt als Unterstützung einsetzen.

 


ÜBER DEN AUTOR

Autor

Dein Diabetes Mentor

Mein Name ist Patrick und ich bin Diabetiker Typ 2 mit Charakteristika eines Typ 1. Dank ICT Plus ® gelte ich als «optimal» eingestellt. Im Januar 2023 hatte ich einen HbA1c von 5.6 und einen TIR von 93%. Das heisst, ich habe kein signifikant höheres Risiko mehr, an den gefürchteten Folgen der Diabetes zu erkranken als ein Stoffwechselgesunder.

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